H. Joseph & Co. Warenhaus | Neukölln

Aktueller Straßenname: Neckarstraße / Karl-Marx-Straße

Ehemaliger Straßenname: Neckarstraße / Berliner Straße

Um 1900 gründeten die jüdischen Kaufleute Hermann Joseph und Sally Rehfisch in Neukölln das Warenhaus ‚Joseph & Co.‘. War es ursprünglich nicht mehr als ein Modegeschäft, so gewann es schnell an Beliebtheit und wurde zum größten Kaufhaus der Nachbarschaft. 1928 wurde das Geschäft nach wiederholten baulichen Erweiterungen ein weiteres Mal vergrößert und erhielt unter anderem eine neue und prachtvolle Jugendstil-Fassade, die sich entlang der gesamten Straßenfront zwischen Neckarstraße und Jägerstraße (heute Rollbergstraße) hinzog. Hinter dem Haupteingang erstreckte sich nun ein weitläufiger Innenhof mit einer zentralen Treppe, über der sich eine gläserne Kuppel wölbte. 

Das Kaufhaus führte nicht nur ein breites Sortiment an Waren, sondern war auch ein Ort für kulturelle Veranstaltungen. Dadurch wurde es zu einer beliebten Einkaufsdestination für Berliner*innen. Zu dieser Beliebtheit trugen nicht zuletzt auch die elegante Architektur und die strategisch gut gewählte Lage, nämlich an einer geschäftigen Straßenkreuzung in Neukölln, bei. Allerdings geriet die zentrale Bedeutung dieses Hauses ins Wanken, als mit dem Warenhaus ‚Karstadt‘ am Hermannplatz ein zweites prominentes Einkaufshaus in der Gegend eröffnet wurde.

Der Aufstieg des Nazi-Regimes in den 1930er Jahren markierte den Anfang vom Ende des Warenhauses ‚Joseph & C.‘. Wie viele Geschäfte mit jüdischen Besitzern erlebte es im antisemitischen Klima des Dritten Reiches zunehmende Repression. Es wurde „arisiert“, d. h. zwangsweise an nichtjüdische Besitzer übertragen, wodurch Hermann Joseph und seine Familie ihrer Lebensgrundlage beraubt wurden. Trotz des gewaltsamen Wechsels der Geschäftsleitung tat sich das Warenhaus schwer damit, seine ehemalige Pracht aufrechtzuerhalten und musste schließlich während des Krieges den Betrieb einstellen. Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte das Gebäude verschiedensten Zwecken dienen; es sollte jedoch nie wieder seinen vormaligen Status als Einzelhandelsriese zurückgewinnen. Heute steht es als düsteres Erinnerungsmal an eine lebendige, doch durch die Gräueltaten des Holocaust entstellte Vergangenheit.

Quellen:

Colze, L. (1908). Berliner Warenhäuser. Hermann Seemann Nachf, Verlagsgesellschaft mbH.

Hüge, C. (2001). Die Karl-Marx-Straße, Facetten eines Lebens- und Arbeitsraums. K.Kramer.

Karlson (2021). Karlson #8: Zeitung für das Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße/Sonnenallee.

Die Ausstellung

Navigating Between Gravities

Jüdisches Leben in Berlin, Damals und Jetzt

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