Gebrüder Herrnfeld Theater | Kreuzberg

Ehemaliger Straßenname: Kommandantenstraße 57

Im Jahr 1906 verwirklichten zwei Brüder, die Komiker und Schauspieler Anton und Donat Herrnfeld, ihren Lebenstraum, indem sie ihr eigenes Theater gründeten. Donat schrieb Stücke, die um Themen wie Moral und Ehre im Kontext jüdischen Familienlebens zentriert waren. Es war dies ein Stoffkreis, der in besonderem Maß auf ihre Schauspielerei abgestimmt war. Das Theater, das in dem ehemals als ‚Luisenstadt‘ bekannten Stadtteil angesiedelt war, trug den offiziellen Namen „Theater in der Kommandantenstraße 57 zu Berlin“, der oft einfach zu „Gebrüder-Herrnfeld-Theater“ abgekürzt wurde. Das Theater gewann schnell an Popularität und wurde zu einer festen Größe in Berlins Unterhaltungslandschaft. Hauptgründe für seinen Charme und seinen Erfolg war die familiäre Atmosphäre des Hauses. Die Frauen der Familie führten die Abendkasse, Geschwister und Kinder spielten auf der Bühne, und Mütter bereiteten in der Theaterküche Mahlzeiten zu. 

Die Gebrüder Herrnfeld verfassten über 100 Theaterstücke, hauptsächlich Possen, und übernahmen nicht selten selber die männlichen Hauptrollen. In den frühen Jahren ihrer Karrieren spielten auch die Ehefrauen der Brüder, Therese Herrnfeld-Horn und Klara Herrnfeld-Birkholz, in den Produktionen mit. Die in einem vom Yiddischen beeinflussten Dialekt geschriebenen Theaterstücke behandelten Themen des jüdischen Lebens und der jüdischen Sitten. Der Erfolg der Stücke verdankte sich größtenteils dem Gebrauch stereotyper Charaktere: Anton Herrnfeld spielte oft Figuren mit slavischem Namen, für gewöhnlich einen hartnäckigen, etwas beschränkten und gerissenen Diener, während Donat Herrnfeld typischerweise den in der Regel cholerischen und doch gutmütigen jüdischen Protagonisten darstellte.

Der Erste Weltkrieg leitete für das Theater den Niedergang ein, und nach Donats Tod im Jahr 1916 verkaufte es Anton 1921. Es setzte seinen Betrieb fort und wurde 1935 durch den ‚Kulturbund deutscher Juden‘ übernommen. Diese Organisation, die 1933 gegründet wurde, nachdem jüdische Künstler von staatlichen Theatern ausgeschlossen wurden, wurde zu einem Symbol des Widerstands und der Selbstbehauptung. Das Theater setzte seine Aufführungen selbst im Angesicht der Unterdrückung durch die Nationalsozialisten und der Schrecken des Pogroms vom November 1938 fort, trotz der strengen Überwachung, der es unterworfen wurde. 1941 wurde der Kulturbund endgültig verboten. Viele seiner Mitglieder, darunter auch Donats Tochter Monica Herrnfeld, flohen entweder das Land oder tauchten unter, andere wurden festgenommen und ermordet. Das Theatergebäude wurde während des Krieges beschädigt und im Jahr 1953 abgerissen. Heute steht auf dem Gelände, auf dem einst das Theater blühte, ein Wohnhaus.

Bildquelle:

Sprengel, P. (1997). Populäres jüdisches Theater in Berlin von 1877 bis 1933. Haude und Spener, Berlin.

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